Meine Geschichten leben von eurer Begeisterung
unserhof: Eine Bäuerin oder ein Bauer bekommt eine Interviewanfrage. Unter welchen Voraussetzungen würdest Du zur Zusage raten? Wann eher nicht?
Sybill Dolenz: Das kommt primär darauf an, ob eine Anfrage telefonisch oder schriftlich erfolgt. Bei einer telefonischen würde ich auf mein Bauchgefühl hören. Wer sich schon beim Vorgespräch nicht wohlfühlt, sollte das Interview eher lassen. Und bei einer schriftlichen Anfrage würde ich ebenso das Gespräch suchen. Die Frage ist natürlich auch, um was für ein Medium es sich handelt und ob man Teil davon werden will. Jeder sollte sich auf alle Fälle gut überlegen, ob er bei einem Thema der geeignete Interviewpartner ist und keinen falschen Ehrgeiz entwickeln. Wer andererseits nur aus Faulheit nicht zusagt, der darf sich dann später nicht darüber beschweren, wenn anders berichtet wird, als er sich das vorstellt hat. Er hätte ja die Möglichkeit gehabt, seiner Meinung Stimme zu verleihen.
Du hast ein Vorgespräch erwähnt. Worauf sollte man dabei sonst noch achten?
Dolenz: Da möchte ich die Prämisse vorausschicken, dass ich jetzt beim durchschnittlichen Landwirt nicht davon ausgehe, einen abgebrühten Medienprofi anzutreffen, der schon sein tausendstes Interview hinter sich hat. Daher gelten da - wenigstens für mich - andere Maßstäbe als sagen wir einmal beim politischen Interview. Beim Vorgespräch kann man sich durchaus erkundigen, worum es genau gehen soll und was für Fragen ungefähr gestellt werden. So ein Gespräch ist vertrauensstiftend. Wenn der Journalist gar nicht bereit ist, etwas über das geplante Interview zu verraten, dann stellt sich schon die Frage, ob man es dann wirklich machen sollte. Und noch ein Tipp von mir: Wenn jemand noch nie ein Interview gegeben hat, hätte ich vor einer Live-Situation größten Respekt. Live ist - wenn ich das mal so flapsig formulieren darf - etwas für Fortgeschrittene. Bei einem aufgezeichneten Interview hingegen hat man ja die Chance, etwas nochmal zu formulieren, wenn man das Gefühl hat, etwas Falsches gesagt zu haben.
Wenn die Entscheidung für das Interview ausgefallen ist. Wie bereitet man sich darauf punkto Inhalt und Botschaften optimal vor?
Dolenz: Das kommt immer darauf an, wie lange die Geschichte werden soll. In meiner Sendung "Studio 2" haben wir eine Beitragslänge von etwa 4,5 bis 5 Minuten. Klingt nicht viel, ist es aber! Trotzdem ist es wichtig, nicht zu viel Information auf einmal reinzupacken. Es gibt da das Motto : "Tell ONE story" ("Erzähle EINE Geschichte"). Geht es zum Beispiel um Süßkartoffeln, dann reicht es zu erzählen, was das genau ist, wie man auf die Anbauidee gekommen ist, was es eventuell für Anbauschwierigkeiten gibt, wie die Süßkartoffel verarbeitet wird etc. Wenn man zu viele weiterführende Details noch mitreinpackt, wie die Entwicklung der Erntemaschinen zum Beispiel, dann könnte der Beitrag auch überladen wirken. Aber eigentlich ist das etwas, worüber sich nicht der Protagonist, sondern der Gestalter Sorgen machen muss.
Und wie übt man die Botschaften am besten?
Dolenz: Das, was im Vorgespräch festgelegt worden ist, kann man einerseits mit sich selbst im Monolog üben. Oder man bittet jemand anderen, Fragen zu dem Thema zu stellen. Wichtig ist auch, all das nicht zu übertreiben, da es sonst auswendig gelernt oder übertrainiert wirken kann. Außerdem sollte man sich vorstellen, dass man die Geschichte seinem Gegenüber zum ERSTEN Mal erzählt, denn die Zuseher haben sie ja wirklich noch nie gehört. Bitte keinesfalls anfangen mit: "Wie ich vorhin schon erzählt habe...". Man sollte alles streichen, wovon man glaubt, dass es der Interviewpartner an Wissen mitbringt. Das Publikum hat es normalerweise nämlich nicht.
Was rätst Du punkto Kleidung, Hof und Umgebung?
Dolenz: Es wirkt eigenartig, wenn eine Bäuerin oder ein Bauer im Büro-Outfit am Rübenacker steht. Bitte am besten das anziehen, was man sonst auch in dieser Situation trägt, idealerweise sauberes Alltags- bzw. Arbeitsgewand. Alles andere wirkt nicht authentisch, sondern eher seltsam. Bitte auch nichts Kleingemustertes nehmen, denn das kann am Bildschirm zu flirren beginnen. Und zum Hof selbst: Wenn dieser zu aufgeräumt ist, wirkt es, als ob kaum gearbeitet wird. Da empfehle ich den Mittelweg: sauber, aber doch betriebsam.
Was sind absolute No-Gos für Dich als Journalistin?
Dolenz: Wenn ich mitbekomme, dass sich mein Interviewpartner doch nicht so gut auskennt, wie er ursprünglich behauptet hat. Und bitte vorher überlegen, was man sagen und preisgeben will und was nicht. Es ist auch niemand böse, wenn jemand meint, dass er doch kein Interview geben möchte. Am Tag vorher oder gar am gleichen Tag abzusagen, ist aber mehr als grenzwertig. Bitte rechtzeitig vorher überlegen. Solche Drehs werden vom Team genau geplant und eingeteilt. Und was auch nicht gut rüberkommt, ist, wenn ich mich mit jemandem vorher wunderbar unterhalten habe, wie uns der Schnabel gewachsen ist, und plötzlich redet mein Gegenüber bemüht hochdeutsch. Das wirkt nicht gut, sondern künstlich.
Wenn Interviewpartner Dich positiv überrascht haben, wie ist ihnen das gelungen?
Dolenz: Ich habe zum Beispiel einmal einen Beitrag über Sojabohnen gemacht und hatte mich im Vorfeld sehr für die Geschichte dieser Pflanzen interessiert und war dann total glücklich, als ich feststellen musste, dass sich auch der Landwirt sehr für die Historie seines Produktes begeistert und mir detailliert erklären konnte, wie diese Kultur nach Österreich gekommen ist. Er hat sich wirklich ausgekannt! Dass mir das so gefallen hat, hängt sicher auch mit meiner besonderen Leidenschaft für Geschichte zusammen, immerhin hab ich ja auch Geschichte studiert. Generell beeindrucken mich Leute, die für ihre Sache brennen, bei denen man das Herz spürt und die ein Leuchten in den Augen bekommen, wenn sie von ihrem Thema erzählen. Und das möchte ich den Bäuerinnen und Bauern mitgeben: Der Hauptteil meiner Geschichten wird von Eurer Begeisterung getragen. Das bleibt hängen und dieses Gefühl schwappt auch über.
Was würdest Du Bäuerinnen und Bauern sonst noch vor einem Interview raten?
Dolenz: Ein guter Rat ist sicher auch, sich vorher zu überlegen, was etwaige Angriffspunkte des Interviewers sein könnten. Dabei ist wichtig, ein wenig über den eigenen Tellerrand zu schauen und sich etwa mit Hilfe des Internets zu erkundigen, was denn möglicherweise für schwierige Themen aufploppen könnten.
Was sollte jemand tun, dem auf eine Frage absolut nichts einfällt?
Dolenz: Also ich sage in solchen Fällen meistens zu meinen Interviewpartnern: "Die Frage schreibe ich auf und stelle sie ganz zum Schluss nochmal." Umgekehrt kann aber auch mein Gegenüber einfach sagen, dass es die Frage gerne ein wenig später machen möchte. Wenn es sich um eine Frage handelt, die man einfach nicht beantworten will oder kann, muss man aber trotzdem damit rechnen, dass sie gesendet wird. Aber bitte bedenkt: Kein Kommentar ist auch ein Kommentar und kommt meist im Beitrag nicht so gut an. Was ich sehr elegant finde, ist, etwa zu sagen: "Das ist nicht so ganz mein Thema" oder "Da muss ich mich selbst noch genauer erkundigen." Niemand kann alles wissen und bei Interviews ploppen oft völlig neue Themen auf. Zuzugeben, dass man nicht alles weiß, ist völlig menschlich und erfordert auch Mut.
Im angefügten Download "Fit für das Interview" geben medienerfahrene Bäuerinnen und Bauern hilfsreiche Tipps.
Sybill Dolenz: Das kommt primär darauf an, ob eine Anfrage telefonisch oder schriftlich erfolgt. Bei einer telefonischen würde ich auf mein Bauchgefühl hören. Wer sich schon beim Vorgespräch nicht wohlfühlt, sollte das Interview eher lassen. Und bei einer schriftlichen Anfrage würde ich ebenso das Gespräch suchen. Die Frage ist natürlich auch, um was für ein Medium es sich handelt und ob man Teil davon werden will. Jeder sollte sich auf alle Fälle gut überlegen, ob er bei einem Thema der geeignete Interviewpartner ist und keinen falschen Ehrgeiz entwickeln. Wer andererseits nur aus Faulheit nicht zusagt, der darf sich dann später nicht darüber beschweren, wenn anders berichtet wird, als er sich das vorstellt hat. Er hätte ja die Möglichkeit gehabt, seiner Meinung Stimme zu verleihen.
Du hast ein Vorgespräch erwähnt. Worauf sollte man dabei sonst noch achten?
Dolenz: Da möchte ich die Prämisse vorausschicken, dass ich jetzt beim durchschnittlichen Landwirt nicht davon ausgehe, einen abgebrühten Medienprofi anzutreffen, der schon sein tausendstes Interview hinter sich hat. Daher gelten da - wenigstens für mich - andere Maßstäbe als sagen wir einmal beim politischen Interview. Beim Vorgespräch kann man sich durchaus erkundigen, worum es genau gehen soll und was für Fragen ungefähr gestellt werden. So ein Gespräch ist vertrauensstiftend. Wenn der Journalist gar nicht bereit ist, etwas über das geplante Interview zu verraten, dann stellt sich schon die Frage, ob man es dann wirklich machen sollte. Und noch ein Tipp von mir: Wenn jemand noch nie ein Interview gegeben hat, hätte ich vor einer Live-Situation größten Respekt. Live ist - wenn ich das mal so flapsig formulieren darf - etwas für Fortgeschrittene. Bei einem aufgezeichneten Interview hingegen hat man ja die Chance, etwas nochmal zu formulieren, wenn man das Gefühl hat, etwas Falsches gesagt zu haben.
Wenn die Entscheidung für das Interview ausgefallen ist. Wie bereitet man sich darauf punkto Inhalt und Botschaften optimal vor?
Dolenz: Das kommt immer darauf an, wie lange die Geschichte werden soll. In meiner Sendung "Studio 2" haben wir eine Beitragslänge von etwa 4,5 bis 5 Minuten. Klingt nicht viel, ist es aber! Trotzdem ist es wichtig, nicht zu viel Information auf einmal reinzupacken. Es gibt da das Motto : "Tell ONE story" ("Erzähle EINE Geschichte"). Geht es zum Beispiel um Süßkartoffeln, dann reicht es zu erzählen, was das genau ist, wie man auf die Anbauidee gekommen ist, was es eventuell für Anbauschwierigkeiten gibt, wie die Süßkartoffel verarbeitet wird etc. Wenn man zu viele weiterführende Details noch mitreinpackt, wie die Entwicklung der Erntemaschinen zum Beispiel, dann könnte der Beitrag auch überladen wirken. Aber eigentlich ist das etwas, worüber sich nicht der Protagonist, sondern der Gestalter Sorgen machen muss.
Und wie übt man die Botschaften am besten?
Dolenz: Das, was im Vorgespräch festgelegt worden ist, kann man einerseits mit sich selbst im Monolog üben. Oder man bittet jemand anderen, Fragen zu dem Thema zu stellen. Wichtig ist auch, all das nicht zu übertreiben, da es sonst auswendig gelernt oder übertrainiert wirken kann. Außerdem sollte man sich vorstellen, dass man die Geschichte seinem Gegenüber zum ERSTEN Mal erzählt, denn die Zuseher haben sie ja wirklich noch nie gehört. Bitte keinesfalls anfangen mit: "Wie ich vorhin schon erzählt habe...". Man sollte alles streichen, wovon man glaubt, dass es der Interviewpartner an Wissen mitbringt. Das Publikum hat es normalerweise nämlich nicht.
Was rätst Du punkto Kleidung, Hof und Umgebung?
Dolenz: Es wirkt eigenartig, wenn eine Bäuerin oder ein Bauer im Büro-Outfit am Rübenacker steht. Bitte am besten das anziehen, was man sonst auch in dieser Situation trägt, idealerweise sauberes Alltags- bzw. Arbeitsgewand. Alles andere wirkt nicht authentisch, sondern eher seltsam. Bitte auch nichts Kleingemustertes nehmen, denn das kann am Bildschirm zu flirren beginnen. Und zum Hof selbst: Wenn dieser zu aufgeräumt ist, wirkt es, als ob kaum gearbeitet wird. Da empfehle ich den Mittelweg: sauber, aber doch betriebsam.
Was sind absolute No-Gos für Dich als Journalistin?
Dolenz: Wenn ich mitbekomme, dass sich mein Interviewpartner doch nicht so gut auskennt, wie er ursprünglich behauptet hat. Und bitte vorher überlegen, was man sagen und preisgeben will und was nicht. Es ist auch niemand böse, wenn jemand meint, dass er doch kein Interview geben möchte. Am Tag vorher oder gar am gleichen Tag abzusagen, ist aber mehr als grenzwertig. Bitte rechtzeitig vorher überlegen. Solche Drehs werden vom Team genau geplant und eingeteilt. Und was auch nicht gut rüberkommt, ist, wenn ich mich mit jemandem vorher wunderbar unterhalten habe, wie uns der Schnabel gewachsen ist, und plötzlich redet mein Gegenüber bemüht hochdeutsch. Das wirkt nicht gut, sondern künstlich.
Wenn Interviewpartner Dich positiv überrascht haben, wie ist ihnen das gelungen?
Dolenz: Ich habe zum Beispiel einmal einen Beitrag über Sojabohnen gemacht und hatte mich im Vorfeld sehr für die Geschichte dieser Pflanzen interessiert und war dann total glücklich, als ich feststellen musste, dass sich auch der Landwirt sehr für die Historie seines Produktes begeistert und mir detailliert erklären konnte, wie diese Kultur nach Österreich gekommen ist. Er hat sich wirklich ausgekannt! Dass mir das so gefallen hat, hängt sicher auch mit meiner besonderen Leidenschaft für Geschichte zusammen, immerhin hab ich ja auch Geschichte studiert. Generell beeindrucken mich Leute, die für ihre Sache brennen, bei denen man das Herz spürt und die ein Leuchten in den Augen bekommen, wenn sie von ihrem Thema erzählen. Und das möchte ich den Bäuerinnen und Bauern mitgeben: Der Hauptteil meiner Geschichten wird von Eurer Begeisterung getragen. Das bleibt hängen und dieses Gefühl schwappt auch über.
Was würdest Du Bäuerinnen und Bauern sonst noch vor einem Interview raten?
Dolenz: Ein guter Rat ist sicher auch, sich vorher zu überlegen, was etwaige Angriffspunkte des Interviewers sein könnten. Dabei ist wichtig, ein wenig über den eigenen Tellerrand zu schauen und sich etwa mit Hilfe des Internets zu erkundigen, was denn möglicherweise für schwierige Themen aufploppen könnten.
Was sollte jemand tun, dem auf eine Frage absolut nichts einfällt?
Dolenz: Also ich sage in solchen Fällen meistens zu meinen Interviewpartnern: "Die Frage schreibe ich auf und stelle sie ganz zum Schluss nochmal." Umgekehrt kann aber auch mein Gegenüber einfach sagen, dass es die Frage gerne ein wenig später machen möchte. Wenn es sich um eine Frage handelt, die man einfach nicht beantworten will oder kann, muss man aber trotzdem damit rechnen, dass sie gesendet wird. Aber bitte bedenkt: Kein Kommentar ist auch ein Kommentar und kommt meist im Beitrag nicht so gut an. Was ich sehr elegant finde, ist, etwa zu sagen: "Das ist nicht so ganz mein Thema" oder "Da muss ich mich selbst noch genauer erkundigen." Niemand kann alles wissen und bei Interviews ploppen oft völlig neue Themen auf. Zuzugeben, dass man nicht alles weiß, ist völlig menschlich und erfordert auch Mut.
Im angefügten Download "Fit für das Interview" geben medienerfahrene Bäuerinnen und Bauern hilfsreiche Tipps.
Mag. Sybill Dolenz arbeitet seit 1998 beim ORF. Als Redakteurin für die Sendung "Studio 2“ ist sie dem Publikum vor allem für ihre kreativen und stimmungsvollen Beiträge - auch zu landwirtschaftlichen Themen - bekannt. Zuvor war sie unter anderem für die Formate "Willkommen Österreich“, "Seitenblicke“, "Gut Beraten Österreich“, "Jahreszeiten“ und "Heute Leben“ tätig.
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Hofübernehmer-Zeitschrift "Unser Hof" entstanden und wurde von Mag. Claudia Jung-Leithner/LK Ö verfasst.